Am 9. November fand unsere jährliche Veranstaltung zur Feier und Erinnerung an die Novemberrevolution statt.
Neben verschiedenen Reden gab es auch einen Auftritt der Theatergruppe SKET. Wir dokumentieren hier die Rede über die Revolution.

Deutschland erlebte im November 1918 eine Revolution. Nach vier Jahren Krieg, nach Hungerwintern, in denen viele Menschen an Auszehrung, Kälte und Krankheiten gestorben waren, und nach 2 Millionen eigenen Kriegstoten, stürzte die Revolution das verhasste kaiserliche Militärregime; seine Majestät flüchtete nach Holland.

Warum hatte es so lange gedauert, und was war zur Verhinderung des Krieges unternommen worden? Und wie konnte sich der Militarismus in der jungen Republik halten, bis er im nationalsozialistischen Gewand bis zum Exzess neu erblühen konnte? 

Heute heisst die staatsoffizielle Parole wieder: „Freie Fahrt für Militarismus und Rüstung“, nun in der Verkleidung der Verteidigung der Werte von Freiheit und Demokratie, die nur dürftig die Profitgier verschleiern.


Hier die Rede, von Klaus Dallmer über die Revolution von 1918:


Redebeitrag Sahra von „Rheinmetall entwaffnen“ zum Thema: „Zum heutigen Kampf gegen Militarismus“

Dank an Sahra für die Erlaubnis der Veröffentlichung.


Kundgebung im Gedenken an die am 11. März 1919 im Hof der Französischen Straße 32 (Berlin-Mitte) ermordeten 30 unbewaffneten Matrosen der Volksmarine-Division (VMD).

Für eine bleibende Erinnerung an das Märzmassaker 1919

Am 11. März wurden im Hof der Französischen Straße 32 (Berlin-Mitte) 30 unbewaffnete Matrosen der Volksmarine-Division (VMD) ermordet. Sozusagen der ‚Dank‘ der SPD geführten Regierung Ebert/Scheidemann, dass die seit vier Monaten bestehende Volksmarine-Division als stärkste bewaffnete Formation die Revolution vom 9. November 1918 gesichert hatte. Die Matrosen hatten sich Ende Oktober 1918 geweigert, den bereits vier Wochen zuvor von der Obersten Heeresleitung (OHL) für verloren erklärten Weltkrieg nach über vier Jahren fortzusetzen. Von Norddeutschland aus waren sie in ihre Heimatstädte geströmt, um den staatlich legitimierten Morden ein Ende zu setzen.

März 1919 Generalstreik in Berlin: Möbelwagen als Barrikaden der Streikenden in der Prenzlauer Straße (heute Karl-Liebknecht-Straße), Ecke Linienstraße.

Nach Gründung der Weimarer Republik im Februar 1919 war am 3. März ein Generalstreik in Berlin ausgerufen worden, um den ausgebliebenen Forderungen der Revolution wie Sozialisierung der Schlüsselindustrien und Entwaffnung der konterrevolutionären Verbände Nachdruck zu verleihen. Um den Streik, der am 8. März abgebrochen worden war, zu diskreditieren, lancierten die Militärs die Falschmeldung in die Presse: „60 Kriminalbeamte in Lichtenberg von Spartakisten erschossen.“ Der Pogromstimmung war nun Tür und Tor geöffnet.

Am 11. März 1919 waren dreihundert Matrosen zur Zahlstelle der VMD in die Französische Straße 32 gerufen worden, um ihre Löhnung zu empfangen. Oberleutnant Marloh, der, getarnt als Zahlmeister der Volksmarinedivison, die Parabellum-Pistole unter seinen Armstumpf geklemmt (so ein Augenzeuge), mit Soldaten des Freikorps Reinhard die Matrosen festsetzte, wollte alle dreihundert erschießen lassen. Er berief sich dabei auf Reichswehrminister Gustav Noske (SPD), der nach Ausrufung des Generalstreiks den widerrechtlichen Schießbefehl erließ: „Jede Person, die mit Waffen in der Hand angetroffen wird, ist sofort zu erschießen.“ Mehr als zweitausend Berliner_innen fielen dieser willkürlich ausgelegten Lizenz zum Töten zum Opfer. Erst ein von Angehörigen herbeigerufener Hauptmann namens Gentner konnte Marloh davon abbringen, alle zu erschießen. Insbesondere nahm Gentner seine Matrosen, die die Reichsbank bewacht hatten, in Schutz. Gleichwohl selektierte Marloh nun nach Gutdünken und ließ 32 Angehörige der VMD im Hof des Hauses an die Wand stellen und mit Maschinengewehren niedermähen. Wer sich noch bewegte, bekam den Fangschuss. Zwei Männer überlebten trotzdem und entgingen auch nach dem Massaker nur knapp dem Tod. Gegen die Erschossenen lag nichts vor, außer dass sie der VMD angehört hatten.

Marloh wurde vor einem Kriegsgericht freigesprochen. Die Befehlsgeber Reinhard und Noske – der den Prozess hatte verhindern wollen – wurden nie angeklagt. Marloh und Reinhard entpuppten sich später als Nationalsozialisten, letzterer brachte es sogar zum SS-Obergruppenführer (Generalsrang). Es gab in den vergangenen Jahren etliche Versuche, Abgeordnete des Bezirksamtes Mitte davon zu überzeugen, an dieser Stelle wieder eine Gedenktafel zu installieren, um an eines der schlimmsten Massaker der Revolution in Berlin zu erinnern. Die Chance ist vertan, ihrer demokratischen Verantwortung bis zum 100. Jahrestag der Bluttat gerecht zu werden. Dafür gibt es keine Rechtfertigung.

Wir fordern, dieser jahr(zehnt)elangen Geschichtsvergessenheit, für die auch Historiker mitverantwortlich sind, endlich Rechnung zu tragen und alles zu tun, damit in der Französischen Straße wieder eine Gedenktafel (wie sie zu DDR-Zeiten bestand), eine Stele oder ein anderes würdiges Zeichen an die ermordeten Matrosen erinnert.


Weiterlesen

Am 09. November 2023 fand eine Infoveranstaltung zum Jahrestag der unvollendeten Revolution 1918, zum Thema Krieg und Kapital zerstören Leben, Löhne und Klima statt.

Schwerpunkt für die Veranstaltung war der politische Streik, dazu referierte Uwe Haseloff über die Streiks von 1890 bis 1918. Günter Watermeier spricht über „100 Jahre Hitlerputsch in München“, Rolf Becker redet über die Folgen der unvollendeten Revolution und Duygu Kaya über ihren Arbeitskampf beim Lieferdienst Gorillas. Zum Schluss der Redebeiträge und Quais als Schlusswort gibt Uwe Haselhoff einen kurzen Hinweis auf verbandsfreien Streik zur Verteidigung der Lohnfortzahlung.

Kulturell wurde die Veranstaltung begleitet durch: Isabel Neuenfeldt, Sängerin, Schauspielerin und Gesangslehrerin; Paul Geigenzähler und durch das Theater X.


Redebeiträge

Vorab möchte ich die schlechte Tonqualität zum Anfang der ersten beiden Redebeiträge entschuldigen.


Einführung zur Veranstaltung | Günter Watermeier

Auszug aus der Einführungsrede:

„Wir befinden uns hier, das will ich sagen, weil es nicht unbedingt alle wissen, an einem historischen Ort.
In der Revolution 1918, 19 wurde auch das Vorwärtsgebäude besetzt, was einige hundert Meter entfernt von hier ist.
Es gab nach sechs Tagen Kämpfen, sind sieben Parlamentäre mit einer weißen Fahne gegangen,
um zu verhandeln, beziehungsweise aufzugeben. Diese sechs Parlamentäre sind alle hier auf dem Gelände ermordet worden […]. Für mich selber, der sich schon länger damit befasst, ist das der Beginn der politischen Morde, der systematischen politischen Morde in Deutschland. Vier Tage später wurde Luxemburger Karl Liebknecht ermordet, das ist wesentlich bekannter. Aber diese Morde an Leuten mit einer weißen Fahne, das ist einfach unbeschreiblich.“


Uwe Haseloff (Streiks von 1890 bis 1918)

Redeauszug:

„Ich habe den Part übernommen zum politischen Streik, Massenstreik und Generalstreik vor und
während des Ersten Weltkriegs von 1819 bis 1918 zu sprechen. Ich hoffe, dass daraus die Zusammenhänge klar werden. Üblicherweise wird das sehr gerne so gesehen, als ob das alles ¨überraschend, spontan sei, die Entwicklung. Große Streikbewegungen und Entwicklung der Arbeiterbewegung vor dem Ersten Weltkrieg,1890 bis 1914. Massen- und Generalstreiks vor dem Ersten Weltkrieg….“


Günter Watermeier (100 Jahre Hitlerputsch in München)

Redeauszug:

„Die Berliner Revolution war zu dem Zeitpunkt schon zurückgedrängt worden. Das war, habe ich vorhin erwähnt, praktisch Mitte Januar hier passiert. Und jetzt ging es darum, die anderen Räte der Republik niederzuschlagen. München hat sich noch gehalten bis zum 30. April. Am 30. April war ein blutiges Massaker. Und am 1. Mai war praktisch die Revolution in Bayern niedergeschlagen worden“


Rolf Becker (Die Folgen der unvollendeten Revolution)

Redeausschnitt:

„Deutsche Revolution? Ein kurzes pathetisches Emporrecken und dann ein Niedersinken in die Alltäglichkeit. Massengräber in Berlin, Massengräber in München, an der Saale, am Rhein, an der Ruhr. Ein tiefes Vergessen liegt über diesen Gräbern, ein trauriges Umsonst. Wenn wir das fortsetzen würden über die Folgen des Zweiten Weltkrieges, kämen weitaus umfassendere Erklärungen zustande. Und jetzt seine Konsequenz. Ein verlorener Krieg kann schnell verwunden werden. Eine verspielte Revolution, das wissen wir, ist die Niederlage eines Jahrhunderts. Und wir wissen heute, es ist nicht nur die Niederlage eines Jahrhunderts, wir sind im zweiten Jahrhundert danach. Aber die Folgen dieser Niederlage dauern nach wie vor.“


Duygu Kaya (Arbeitskampf)

Redeauszug:

„Die Ausbeutung ist ein natürliches Ergebnis ihrer Nachlässigkeit gegenüber ihren Arbeiterinnen, denn wir sind nie in ihrem Blickfeld, denn dem kleinen Kapital geht es nicht um nachhaltigen Profit oder Selbsterhaltung oder gar um Arbeitsrechte. Es konzentriert sich einfach darauf, sich fortzubewegen, zu expandieren, einen Bedarf in der Gesellschaft zu schaffen und wenn dies erledigt ist, weiterzusehen und ein neues Projekt zu schaffen. Bei dieser Geschwindigkeit werden Arbeitsrechte und alles, was mit Menschlichkeit und Würde zu tun hat, völlig außer Acht gelassen. Es ist ein durstiges Monster, das ohne Unterbrechung um sein Überleben kämpft, die schönste Form des wilden Kapitalismus.“


Uwe Haseloff (kurzer Hinweis auf verbandsfreien Streik zur Verteidigung der Lohnfortzahlung)

Video: Margret Pospischil vom Team vorort.live; Bearbeitung: Ingo Müller.

Redeauszug:

„Nur wird auch ein bisschen vergessen, dass es sehr wohl sogenannte politische und spontane Streiks, wilde Streiks gab. Es gab 1948 zum Beispiel einen großen Streik nach der Währungs- … Währungsunion hätte ich jetzt schon gesagt, nach der Währungsreform. Es gab natürlich 69. September-Streiks. 73 ist ja auch schon erwähnt worden.“


Kulturbeiträge:


Isabel Neuenfeldt

„An die Kriegshetzer“ (Text: Werner Möller/ Komposition: Isabel Neuenfeldt)

Video: Margret Pospischil vom Team vorort.live; Bearbeitung: Ingo Müller.

„Tord Foleson“ Text: nach dem norwegischen Original von Per Sivile (1894)
Musik: Gustav Adolf Uthmann

Video: Margret Pospischil vom Team vorort.live; Bearbeitung: Ingo Müller.


Paul Geigerzähler

Video: Margret Pospischil vom Team vorort.live; Bearbeitung: Ingo Müller.

eFlyer

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Veranstalter

Am 24. Juni 1922 wurde der deutsche Außenminister Walther Rathenau (DDP) von Mitgliedern der rechtsextremen Organisation Consul ermordet. Am 27. Juni 1922 folgten Millionen Menschen einem halbtägigen Demonstrationsstreik „Zur Verteidigung der Republik und der Grundrechte der Arbeitnehmerschaft“. Aufgerufen dazu hatten die drei Arbeiterparteien MSPD, USPD, KPD und die Gewerkschaften ADGB und AfA-Bund.


Videodokumentation

Vortrag Günter Watermeier (Autor der Studie: Politischer Mord und Kriegskultur an der Wiege der Weimarer Republik), Vortrag Benedikt Hopmann (Jurist) und anschließende Diskussion.

Flyer zur Veranstaltung

Nach über 100 Jahren bleiben die Kämpfe und Gedanken der Novemberrevolution aktueller denn je. Dennoch sind die Geschehnisse rund um den 9. November 1918 und der Novemberrevolution heute größtenteils aus unserem Gedächtnis verdrängt worden. Der Kampf der revolutionären Arbeiter*innenbewegung, ihre Errungenschaften, ihr Verrat durch die SPD und die Niederschlagung durch rechte Kräfte verbleiben wie eine Randnotiz in der bürgerlichen Geschichtsschreibung. Jene Allianzen aus den Resten der Monarchie, des Militärs, der Freikorps sowie der Großindustrie bildeten später die Basis für den aufkommenden deutschen Faschismus. Die Niederschlagung der Revolution war somit der Auftakt der faschistischen Konterrevolution.

Die Gründe gegen den Krieg und Kapital aufzubegehren sowie der Kampf für ein Leben frei von Ausbeutung und Unterdrückung sind die gleichen wie heute. Damals wie auch heute sind wir konfrontiert mit einem ausbeuterischen System, in dem Profit über dem Wohle der Gesellschaft und der Lohnabhängigen steht. Fragen nach Vergesellschaftung, nach Frieden und einem Ende der Ausbeutung sind aktueller denn je.

Das Gedenken an die Novemberrevolution aber darf nicht nur im historischen verbleiben, sondern muss an unsere heutigen Kämpfe anschließen. Aus der Novemberrevolution zu lernen heißt weiterhin: Schulter an Schulter gegen Militarismus und Imperialismus zu kämpfen. Das bedeutet für uns täglich auf eine Bewegung hinzuarbeiten, die für eine Wirtschaftweise einritt die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert und nicht an Konkurrenz und Ausbeutung. Enteignung und Vergesellschaftung sind für uns wichtige Instrumente um als Lohnabhängige echte demokratische Kontrolle über unsere Arbeitsbedingungen und den von uns erarbeiteten gesellschftlichen Reichtum zu erlangen.

Theater, Veranstaltung, Musik mit Vertreter*innen von der Koordination 1918 Unvollendete Revolution, der Stadtteilorganisierung Hände weg vom Wedding, der Berliner Krankenhausbewegung, von SKET – Die Schnelle Kulturelle Eingreifftruppe (Theater X)


Programmpunkte

Gedenken an die am 11. Januar 1919 auf dem Dragoner-Areal ermordeten 7 Parlamentäre.

Theaterstück mit SKET (Schnelle Kulturelle Eingreifftruppe /Theater X) und Koordination Unvollendete Revolution 1918

Historische Einordnung der Novemberrevolution, Aktualität und Lehren der Novemberrevolution für heute sowie Arbeitskämpfe im Gesundheitssektor. Mit Vertreter*innen von der Koordination Unvollendete Revolution 1918, Stadtteilorganisierung Hände weg vom Wedding und der Berliner Krankenhausbewegung.

Veranstalter: Koordination ›Unvollendete Revolution 1918‹ und ›Hände weg vom Wedding‹, unterstützt vom Vernetzungstreffen Dragonerareal.

Veranstaltungsort: Dragoner Areal Mehringdamm Ecke Obentrautstr. (U-Bhf Mehringdamm)


Videotrailer

Video Dokumentation


Fotogalerie


eFlyer

von Klaus Dallmer

War die Überführung der Großindustrie in Gemeineigentum eine alte Zukunftsvorstellung der Arbeiterbewegung, so wurde sie nach den Gräueln des Ersten Weltkrieges zur konkreten Forderung in der Novemberrevolution 1918. 
Die Mehrheit der Arbeiter und Arbeiterinnen hatte verstanden, dass der Krieg nicht fürs „Vaterland“, sondern für bessere Weltmarktchancen der Industriellen und Aktionäre geführt worden war. Die Arbeiter wollten sich nicht noch einmal für das Bürgertum verheizen lassen; deshalb sollten ihm die Grundlagen seiner Macht und die Ausbeutungsmöglichkeiten entzogen werden. Die schlimmsten Arbeitsbedingungen herrschten in den Bergwerken und in der Schwerindustrie, damit sollte Schluss sein, und man wollte nicht weiterhin Kriegsgewinnler wie Stinnes durch die eigene Arbeit bereichern.

Die Gewerkschaftsführungen hatten bereits sechs Tage nach dem Sturz des Kaisers im sogenannten Stinnes-Legien-Abkommen dem Unternehmerlager das Eigentum garantiert und dafür ihre Anerkennung als gleichberechtigte Verhandlungspartner eingehandelt, dennoch blieb die Sozialisierung neben der Entmachtung des Militärs die wichtigste Forderung der Arbeiterbewegung. Uneinig war man sich über den Weg; sollte die Sozialisierung von einer sozialistischen Mehrheit im künftigen Parlament, die man als sicher erwartete, beschlossen werden, oder sollte man sie über die Räte, denen in der Revolution überall die Macht zugefallen war, direkt durchsetzen?

Auf dem Reichsrätekongress, oberstes Organ der neuen Republik, war Mitte Dezember 1918 deutlich geworden, dass die übergroße Mehrheit den parlamentarischen Weg für richtig hielt, weil er einen größeren gesellschaftlichen Rückhalt versprach. Man beschloss Wahlen zur Nationalversammlung für den 19. Januar 1919.  Dennoch sprach sich die Versammlung mit noch größerer Mehrheit dafür aus, mit der Sozialisierung aller dafür reifen Industrien, insbesondere des Bergbaus, unverzüglich zu beginnen. Allerdings beschloss man dazu keine konkreten Maßnahmen, sondern beauftragte damit die Revolutionsregierung, den von der SPD dominierten Rat der Volksbeauftragten.

Dieser verbündete sich jedoch mit der Obersten Heeresleitung, um den letzten Widerstand gegen die Entmachtung der Arbeiter- und Soldatenräte zu brechen. Neuaufgestellte reaktionäre Truppen brachten in den Berliner Januarkämpfen über Hundert Revolutionäre um und ermordeten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.

In den anschließenden Wahlen zur Nationalversammlung erhielt die SPD 37,9 % – die USPD 7,6 %. Die Mehrheit der Arbeiterschaft hatte also das Vorgehen der Regierung gegen die revolutionären „Störenfriede“ gebilligt, und zur sozialistischen Parlamentsmehrheit hatte es nicht gereicht.

So war die Sozialisierung in weite Ferne gerückt, und es setzte eine allgemeine Desillusionierung in der Arbeiterschaft ein, zumal die Regierung nun auch reichsweit militärisch „aufräumen“ ließ und die SPD mit Verweis auf ihre bürgerlichen Koalitionspartner Sozialisierungen für nicht möglich erklärte. Im Verfassungsentwurf, den die Nationalversammlung in Weimar diskutierte, wohin sie aus Furcht vor der Berliner Arbeiterschaft ausgewichen war, kam die Sozialisierung nicht einmal vor. Ministerpräsident Scheidemann ließ verbreiten, dass kein Kabinettsmitglied daran denke, das Rätesystem in Verfassung oder Verwaltung einzugliedern – damit war auch der Sozialisierung eine Absage erteilt, denn vergesellschaftete Betriebe müssten natürlich durch Räte verwaltet werden.

Die Bergarbeiter im Ruhrgebiet besetzten nun das Kohlesyndikat und ihre Betriebe – sie organisierten die Produktion und führten die Sozialisierung damit selbständig durch. Die Regierung ließ die Bewegung durch die Freikorps Ende Februar 1919 blutig niederschlagen. Auch im mitteldeutschen Bergbaugebiet übernahmen nun die Arbeiterräte nach Provokationen durch die Freikorps Betriebe und Produktion, die Arbeiterschaft ging zur Unterstützung in den Generalstreik. Die Weimarer Nationalversammlung war mitten im Streikgebiet eingeschlossen, nur geschützt durch die Freikorps. Nun beschloss die Berliner Vollversammlung der Arbeiter- und Soldatenräte am 3. März den Generalstreik. Am Abend desselben Tages erklärte sich die Weimarer Nationalversammlung, die sich eigentlich um eine Woche vertagen wollte, auf Veranlassung eines erregten Scheidemanns zur Tagung in Permanenz. Die Regierung legte dann am 4. März einen eiligst entworfenen Sozialisierungsartikel vor, der die Möglichkeit der Vergesellschaftung und die Regelung der Gemeinwirtschaft durch Selbstverwaltungskörper vorsah.  Damit war die Mehrheit der SPD-Anhängerschaft zufriedengestellt, die Bewegung gespalten, und in Mitteldeutschland musste der Generalstreik abgebrochen werden, nicht ohne Ermordung von Arbeitern durch die Freikorps.

Die Regierung hatte nun freie Hand, sich wieder auf Berlin zu konzentrieren: der Berliner Generalstreik ging in die Märzkämpfe über, und am Ende hatten die Regierungstruppen über 1.200 Arbeiter brutal ermordet. Wochenlang spülte die Spree Leichen ans Ufer. Danach konnte auch die Münchner Räterepublik durch staatlichen Massenmord beseitigt werden.

So war die Verankerung der Möglichkeit zur Sozialisierung in der Verfassung das Ergebnis eines Täuschungsmanövers zur Verhinderung der tatsächlichen Sozialisierung – ein Zugeständnis, für das Tausende gestorben sind.

Aus den Freikorps wurde die Wehrmacht gebildet. Sie verband sich mit der faschistischen Massenbewegung. Nach ihrer Niederlage im zweiten Versuch, zur Weltmacht zu werden, herrschte im zerstörten Deutschland nach Millionen Toten etwas Klarheit über die Mitschuld der Großindustrie und darüber, was gesellschaftlich geändert werden müsste: sogar die CDU hatte den Sozialismus in ihrem Wahlprogramm zu stehen. 1946/47 streikten wieder Arbeiter für die Vergesellschaftung ihrer Betriebe.
Bei einem Volksentscheid in Sachsen stimmten am 30. Juni 1946 über 77 % für ein „Gesetz über die Übergabe von Betrieben von Kriegs- und Naziverbrechern in das Eigentum des Volkes“, mit dem SED und sowjetische Militäradministration die Enteignungen absicherten.
 Am 1. Dezember 1946 stimmten bei einer Volksabstimmung  in Hessen 71 % für die Sozialisierung der Großindustrie. Die Möglichkeit wurde in der Landesverfassung festgeschrieben, aber jahrelange Verzögerungsmanöver und schließlich ein Verbot durch die US-Besatzungsmacht verhinderten die Umsetzung.

In Westdeutschland hatte sich der parlamentarische Rat dann darauf geeinigt, die Wirtschaftsordnung nicht in der Verfassung festzuschreiben. Diese wirtschaftliche Neutralität war Ergebnis des Bonner Kompromisses zwischen SPD und bürgerlichen Parteien, die Anlässe zu Arbeiterprotesten vermeiden wollten. So ist es zum Artikel 15 des Grundgesetzes gekommen, der die Möglichkeit von Vergesellschaftungen gegen Entschädigung offen lässt. Wieder sieht man: das Zugeständnis sollte der damaligen wirklichen Bewegung zur Sozialisierung den Wind aus den Segeln nehmen.

Heute kann die Sozialisierungsbewegung daran anknüpfen, denn die Bestrebungen sind durch den Verfassungsartikel legal. Wir müssen ihn verteidigen, weil die Kämpfe wesentlich erschwert wären, wenn sie in die Illegalität gedrängt werden könnten.

Klaus Dallmer, Juli 2021

Am 9. November 2020 war das öffentliche Leben wieder sehr eingeschränkt durch die notwendigen Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Corona-Pandemie. Auch in diesem Jahr war eine Gedenkveranstaltung an die unvollendete Novemberrevolution geplant, diesmal am Rosa-Luxemburg-Platz.

Sowohl die, die dort auftreten wollten, als auch unser Sprecherkreis kamen zum Entschluss, eine solche öffentliche Kundgebung nicht verantworten zu können.

Damit das Gedenken an die noch zu vollendende Novemberrevolution dieses Jahr nicht ausfällt, haben wir uns entschieden, eine Lifestream-Kundgebung zu organisieren. Mit Hilfe von Labournet wurde sie am 9. November um 19 Uhr durchgeführt.


Videodokumentation des Livestreams

Gedenken an die Novemberrevolution 1918

Flyer

In Vorbereitung unserer Kundgebung ›100 Jahre Kapp-Putsch – 100 Jahre Generalstreik – Massenstreik gegen Faschismus und Militarismus‹ am 14. März 2020 führten wir nachfolgende Interviews:


Martina Renner (MdB, DIE LINKE) fragten wir nach ihren Kenntnissen über das Einsickern rechter Netzwerke in Bundeswehr und Polizei:


Reiner Zilkenat (Historiker): Wer waren die Putschisten und ihre Hintermänner?

Wenige Tage nach dem Interview verstarb Reiner Zilkenat. Nachruf


Bernd Langer (Kunst und Kampf): Welche politischen Einstellungen hatten die Militärs, die 1920 gegen die Republik putschten?

Was war geschehen?

Rechtsradikale monarchistische Militärs hatten geputscht. Soldaten, die noch immer nicht verstanden hatten, dass sie sich im Kriege unter den Parolen von der ›Ehre des Kaisers‹ und der ›Größe des Vaterlandes‹ hatten missbrauchen lassen für die Eroberungspläne des deutschen Großbürgertums, waren seit Ende 1918 in Scharen in die Freikorps geströmt, die die Offiziere zur Bekämpfung der verhassten Revolution aufgestellt hatten.

Jetzt, 16 Monate nach dem Sturz der Monarchie durch die Novemberrevolution 1918, fühlten sich die rechtsradikalen Militärs wieder mächtig genug, die ungeliebte junge Republik der ›Novemberverbrecher‹ zu beseitigen. Die Freikorps waren erstarkt an den Aufgaben, die die SPD-geführte Reichsregierung und ihr Reichswehrminister Noske ihnen zugewiesen hatten: der Massakrierung aller revolutionären Ansätze, die die Parole von der ›sozialistischen Republik‹ ernst genommen hatten, von den großen Streiks für die Sozialisierung von Bergbau und Industrie im Ruhrgebiet, in Mitteldeutschland und in Berlin bis zu den Räterepubliken in Bremen und München. Dabei waren sie auf 400.000 Mann angewachsen.

Anfang 1920 sollte die Reichswehr, die aus den Freikorpsverbänden hervorgegangen war, gemäß dem Versailler Friedensvertrag auf 100.000 Soldaten reduziert werden – an der Auflösung überzähliger Truppeneinheiten kam man jetzt nicht mehr vorbei. So traf es auch die Marinebrigade Erhardt, die sich bei den Massenmorden in München hohe Verdienste erworben hatten. Dem ›Vater der Freikorps‹, General von Lüttwitz, ging das entschieden zu weit – er verlangte von Reichspräsident Ebert die Rücknahme des Auflösungsbeschlusses und seine eigene Einsetzung als Oberkommandierender. Als dies abgelehnt wurde, marschierte die Brigade Erhardt am 13. März 1920 durchs Brandenburger Tor und besetzte die Regierungsgebäude. Weil keine Militäreinheit bereit war, die Regierung zu verteidigen, floh diese nach Stuttgart, hinterließ aber den Aufruf zum Generalstreik.

Der politische Kopf der Putschisten, Generallandschaftsdirektor Kapp, Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei und des Aufsichtsrats der Deutschen Bank, erklärte Regierung und Parlament für aufgelöst und ernannte sich zum Reichskanzler. Sein Programm sah eine Kanzlerdiktatur vor und den Einbau aller Verbände einschließlich der Gewerkschaften in einen hierarchischen Korporativstaat. Für die Gewerkschaften war klar, dass das ihren Untergang bedeuten würde, und so erließ der Vorstand der freien Gewerkschaften unter ihrem Vorsitzenden Carl Legien noch am selben Tag einen zusätzlichen Generalstreikaufruf, dem sich noch andere Gewerkschaften anschlossen.

Seit dem Krieg und den Massenmorden Anfang 1919 waren die Militärs bei der Arbeiterschaft über alle Maßen verhasst. Die Arbeiterschaft sah jetzt auch noch den Achtstundentag und ihre demokratischen Freiheiten bedroht, die sie sich in der Novemberrevolution erkämpft hatte, und trat umgehend in den Streik. Der Eisenbahnverkehr wurde stillgelegt, es fuhren keine Busse und Straßenbahnen mehr, es gab keine Zeitungen, keine Post und keine Telefonvermittlung, alle Fabriken und Behörden standen still – in Berlin wurde sogar die Versorgung mit Strom und Gas unterbrochen, Wasser gab es nur noch an öffentlichen Brunnen. Die Putschisten saßen bei Kerzenschein in der Reichskanzlei und es fanden sich keine Beamten, die ihre Anweisungen ausführten – auch die Lohnzahlungen für die Truppen wurden abgelehnt. Drohungen mit der Todesstrafe für Streikposten und antisemitische Hetze fruchteten nichts.

Am 17. März floh Kapp nach Schweden, einen Tag später gab auch von Lüttwitz auf.
Das Militär hatte sich zu großen Teilen den Putschisten angeschlossen und war gegen streikende Arbeiter vorgegangen. Im rheinisch-westfälischen Industriegebiet, in Mitteldeutschland um Halle und Merseburg, in Teilen von Thüringen, Sachsen, Brandenburg, Mecklenburg und Pommern griffen die Arbeiter zu den Waffen, um sich zu verteidigen. Die Bergarbeiter im Ruhrgebiet schlugen die anrückenden Freikorps zurück und es bildete sich spontan und parteiübergreifend eine Rote Ruhrarmee mit über 50.000 Mann, die nach einigen Tagen das gesamte Ruhrgebiet befreit hatte. Örtliche Arbeiterräte übernahmen die Verwaltung.

„Die Rotarmisten waren fröhlich, voller Zuversicht, überzeugt von der Richtigkeit ihrer Sache. Sie scherzten und waren guter Dinge. Es waren Arbeiter aller Berufe, sehr viele junge Menschen, aber auch viele ältere, die in ihrem Leben und Kampf Erfahrungen gesammelt hatten. Unter ihnen waren auch viele Frauen. Bekleidet mit weißen Kitteln und roten oder weißen Kopftüchern, pflegten sie in diesen Tagen die Verwundeten.“Milli Bölke

In und um Berlin kam es vielerorts zu handgreiflichen Auseinandersetzungen und Straßenkämpfen zwischen der aufgebrachten Arbeiterschaft und den Putschisten, denen sich auch bürgerliche Einwohnerwehren angeschlossen hatten; so wurden in Schöneberg, Steglitz, Mitte, Charlottenburg, Neukölln, Köpenick und Kreuzberg zahlreiche Demonstranten erschossen, bewaffnete Arbeiter wurden in Lichtenberg grausam ermordet.

„ Ein scharfer Zusammenstoß erfolgt an der Ecke der Invaliden und Brunnenstraße. Eine Militärabteilung, die mit klingendem Spiel durch die Straßen zieht, wird von der Menge mit Steinen und Handgranaten beworfen, einigen Soldaten werden die Waffen entrissen. Truppen mit Maschinengewehren und Flammenwerfern eilen zur Hilfe und eröffnen ein scharfes Gewehrfeuer. Vier Personen werden getötet.“Berliner Tageblatt

Einige Offiziere wurden entwaffnet und gelyncht. Als Putschistentruppen nach ihrer Niederlage durch das Brandenburger Tor abzogen, verhöhnte sie die Menge – Schüsse und 12 Tote waren die Antwort. Etwa 200 Menschen kostete der Putsch allein in Berlin das Leben.

Die Arbeiterschaft gab sich mit dem Aufgeben der Putschisten nicht zufrieden – der Streik dauerte an, weil eine Wiederholung ausgeschlossen werden sollte und man endlich das sozialistische Versprechen verwirklicht sehen wollte. Erst nachdem die Gewerkschaften in Verhandlungen mit der Regierung Zugeständnisse erhalten hatten für die Inangriffnahme der Sozialisierung und Bestrafung der Putschisten, ging der Generalstreik am 23. März zu Ende. Von den Versprechungen wurde jedoch nichts umgesetzt.

„In Recklinghausen inszenierte ein Unteroffizier vor einer zusammengelaufenen Zuschauermenge, darunter Kinder, die Erschießung von vier Bergleuten. Der erste musste ein Loch ausheben, sich dann am Rande davor aufstellen und ›Üb immer Treu und Redlichkeit‹ singen; während er sang, feuerte das Kommando auf ihn, so dass er in das Loch kippte. Der nächste musste ihn zuschaufeln, sich dann sein eigenes Grab schaufeln und so fort.“Erhard Lucas, Historiker

Das Ruhrgebiet allein konnte sich nicht halten, und eine Vereinbarung zur Waffenabgabe sabotierten die Militärs, so dass die Kämpfe dort andauerten. Alles verfügbare Militär, auch die Putschtruppen, setzte die von der Arbeiterschaft gerettete, SPD-geführte Reichsregierung nun gegen das Ruhrgebiet in Marsch. Die Freikorps rächten sich grausam für ihre Niederlage. Die meisten der etwa 1.000 Opfer wurden nach den Kämpfen bestialisch misshandelt und erschossen – viele mussten sich ihre eigene Grube schaufeln. Auch Sanitäterinnen wurden umgebracht. Die Mordmethoden der Nazis sind hier gewachsen.
Bei den folgenden Reichstagswahlen im Juni 1920 stürzte die SPD ab: von den elfeinhalb Millionen Wählern 1919 blieben ihr nur noch sechs Millionen. Die Anhängerschaft der USPD nahm sprunghaft zu. Der gegenseitige Hass zwischen den beiden Lagern der Arbeiterbewegung wurde so stark, dass er sich nicht mehr überwinden ließ.

Der Generalstreik gegen den Kapp-Putsch hatte der SPD-Führung deutlich vor Augen geführt, wie eine solche gemeinschaftliche Aktion der gesamten Arbeiterschaft sich radikalisieren kann. In der Endphase der Weimarer Republik, während der Wirtschaftskrise, beim Papen-Putsch gegen die Preußische Regierung, bei der Machtübergabe an die faschistischen Terrorbanden unterließen die Führungen von SPD und Gewerkschaften alle Mobilisierungen, die geeignet gewesen wären, in revolutionäre Richtung aus dem Ruder zu laufen – statt das Risiko eines aus der Massenbewegung geborenen Sozialismus einzugehen, vertrösteten sie sich und ihre Mitglieder, der Faschismus werde auch wieder vorübergehen, wie ja die Sozialistengesetze (Verbotsphase 1878 bis 1890) auch vorübergegangen waren. Ein tödlicher Irrtum. Die Schuld schoben sie der spalterischen Politik der schwachen KPD in die Schuhe. In den Konzentrationslagern sah man sich wieder.

Wir Heutigen sollten daraus den Schluss ziehen, dass wir bedrohliche politische Entwicklungen abwehren können, wenn alle zusammenhalten. Wenn sich alle einzeln wegducken, kommt es nur noch schlimmer.

Flyer



Video


Fotogalerie

Mittwoch 11. März 2020 | 19 Uhr
Klaus Gietinger: Kapp-Putsch März 1920 – Abwehrkämpfe in Berlin und anderswo
Galerie Olga Benario, Richardstr. 104, Berlin-Neukölln

Pünktlich zum 100. Jahrestag rollt Klaus Gietinger die Geschichte des Militärputsches und der Abwehrkämpfe neu auf, liefert kaum bekannte Fakten.

Ein wichtiges, vergessenes Kapitel deutscher Geschichte: Der Versailler Vertrag verlangte die Reduzierung der Reichswehr und die Auflösung der konterrevolutionären Freikorps. Die Reichsregierung kam dem nach. Daraufhin putschten die Freikorps. Wolfgang Kapp, Aufsichtsrat der Deutschen Bank, rief sich zum Reichskanzler aus. Die Regierung floh, kurz vorher hatten die SPD-Mitglieder ihre Namen unter einen Generalstreik-Aufruf setzen lassen.
Der größte Streik, den Deutschland je sah, folgte. Zahlreiche Reichswehr-Kommandeure sympathisierten mit den Putschisten. Die Brigade Ehrhardt hatte Berlin zwar besetzt, doch sie war ohne Strom, ohne Wasser und ohne Zeitungen. Wahllos schossen die Putschisten in Demonstrationen. In Hennigsdorf, Spandau, Köpenick und Adlershof kam es zu bewaffneten Kämpfen mit Arbeitern. Nach fünf Tagen mussten die Obristen aufgeben. Die Regierung kehrte in die Hauptstadt zurück.

In Köpenick und Adlershof gaben sich die Hakenkreuzler jetzt als Regierungstruppen aus und ermordeten die, die die Waffen niederlegten.

Auch in Mitteldeutschland und im Ruhrgebiet war es zu erfolgreichen Kampfaktionen gegen die Freikorps gekommen. Der Pott wurde befreit. Es bildete sich eine Rote Ruhrarmee aus der SPD-, USPD- und KPD-Basis und den Syndikalisten, mit bis zu 80 000 Kämpfern. Teils waren Bürgerliche beteiligt. Man wollte eine Volkswehr, die Bestrafung der Putschisten und Sozialisierung. Carl Severing (SPD) schloss mit den Arbeitern ein Abkommen, das Zugeständnisse machte. Aber nicht nur General von Watter, der kommandierende Militär wollte kein Abkommen. Und die Freikorps, die meisten schon mit Hakenkreuz am Stahlhelm, bekamen jetzt von der geretteten Regierung freie Hand …

Zeit daran zu erinnern.